Bevor er am Ende raten lässt, was für ein Eis er ihnen serviert hat, können die Gäste, die vor oder neben ihm auf bequemen Barstühlen sitzen, jeden Handgriff für das ihnen bereitete Menü sehen: Giulio Sturla, 42, inszeniert die 5 Gänge plus Amuses-bouches alias Snacks wie ein japanischer Omakase-Meister seine Aha-Prozession an der Theke – redet aber mehr. Denn der Gründer des selbstbewussten Eat New Zeeland beherrscht das Storytelling des modernen Kochs, ist eine Enzyklopädie der heimischen Flora vom Ananas-Salbei aus seinem Garten bis zum Salat aus dem 250 m entfernten Meer, stammt aus Valparaiso in Chile und hat ein Jahr lang im hyperkreativen Mugaritz spanische Küche unbezahlt mitkochen dürfen.

Er bewirtet in seiner One-Man-Show als Koch, Kellner, Sommelier und Entertainer auf den 35 m² seines Mapu im Hafenstädtchen Lyttelton maximal 6 Gäste, nachdem sich sein 30-Plätze-Restaurant Roots, mit dem er neuseelandweit bekannt geworden war, während der besonders strengen Covid-Isolation des Inselstaats nicht mehr rechnete.

Zu Beginn schenkt er beispielsweise einen 2021er Greystone Organic Petillant Natural aus dem Waipara Valley und selbstgemachtes fermentiertes Kakaowasser ein, das wie trüber Apfelwein aussieht und leicht prickelt mit einer Säure erfrischt, die von einen Hauch schokoladiger Cremigkeit gemildert wird. Dazu gibt’s, angerichtete auf japanischen Schwarzglas- oder Himalaya-Schiefertellern, Lotuscracker mit Büffelmozzarellacreme und Wildzwiebelpulver sowie Pan de Yuca (Käsebrötchen aus Maniokstärke und zwei Jahre altem Cheddar). Denen können geröstete Auberginen mit schwarzem Knoblauch und Schalottensauce folgen oder pürierter Topinambur in Buttermilch und hellgrünem Thymianöl mit frischen Walnüssen, deren Membranen Sturla sorgsam abzieht, um die Bitternote zu vermeiden. Dann kombiniert er vielleicht Spargel, Pinienkerncreme, Erdbeeren und Erbsen oder langsam gerösteten Kürbis mit Pinienkerncreme, Magnolienblatt, Sancho-Pfeffer und Hanföl, richtet Kingfish mit Bananennudeln, Saubohnen und Koji-Sauce oder Barbecue-Schweinefleisch mit schwarzem Knoblauch und Schalottenpaste an.

Das Menü kostet, je nach Saisonprodukten, ab 125 €, die Weinbegleitung 90 und die alkoholfreie Saftalternative 10 €; inklusive Steuern, Trinkgeld freiwillig. Man zahlt bei der Reservierung, in dem man ein Ticket kauft – wie für ein Event. Als solchen deklariert Sologastronom Sturla den Abend oder Wochenendmittag in seinem „kreativen Outlet für das echte Esserlebnis“, das „man nicht in einem Restaurant, sondern nur in einem Zuhause findet“.

Ach ja, das Eis im Dessert, das niemand erriet, aber alle Sechse köstlich fanden, war aus waldfrischen Steinpilzen.

Fotos: Mapu/Robin & Andie Photography