Woanders wäre ein Foie Gras Sidecar, der Hennessy XO, Zitrussaft, Stopfleber und Kakaobutter vereint, sicherlich extravagant genug für eine hippe Bar. Doch Shinji’s in Manhattan serviert den Cocktail, passend zum Mix aus Luxus, Avantgarde und Business im Flatiron District, mit einem High End-Snack: einem Törtchen aus Entenlebermousse, Schokolade und Toffee, gekrönt mit einer Entensilhouette aus Zitronen-Gel und präsentiert im Entenfuß aus Porzellan – und die goldigen Rosinen, auf denen das Törtchen ruht, sollen Connaiseurs unter den Gästen an die Trauben des Sauternes erinnern, den man traditionell zur Foie Gras trank. Diese Darbietung aus gar nicht so einfach zu mixender Dekadenz, vom Gast mit 38 $ zu begleichen, ist keineswegs ein Unikum des New Yorker Lifestyle, sondern à la mode an noblen amerikanischen Bartresen.

In der 9 Minuten entfernten Bar des Eleven Madison Park kommt der Cocktail namens Mushroom mit einem Stückchen Torte aus Pilzpüree, Selleriewurzel und schwarzem Trüffel, im 900 Meilen entfernten Le Loup in Nashville kredenzt der Barkeeper seinen Spirits of the Dead aus Scotch, Cognac, Campari, Caffè Amaro, Bénédictine, Absinth und Bitterorange auf Eis mit einem im Haus zerbröselten und dann gebackenen Blechkuchenstreifen Toffee-Riegel, wahlweise in den Geschmacksrichtungen Wassermelone, Pfefferminze, Butterscotch oder Schokolade. Mit ihren Zugaben wollen sich die Bars vom Einerlei der vom Controller des Unternehmens gerade noch genehmigen Oliven, Perlzwiebeln, Pistazienkerne oder Erdnüsse abheben oder noch höher hinaus dem Gast ein Erlebnis bieten – vergleichbar dem Storytelling der Köche in der Spitzengastronomie. Als solch unterhaltsamen Genuss bietet die Bar Vol. 39 in Chicago einen Lego-förmige Riegel aus Schokolade mit Sichuan-Pfefferkörnern zu ihrer Kreation aus Meletti Cioccolato-Likör, Banane und Fernet-Branca oder gibt die Konkurrenz im Coquette am anderen Ufer des Chicago Rivers zum French 75 einen Blini mit Kaviar und Crème fraîche oder zum I‘m the Apple of His Eye aus gegrilltem Fuji-Apfel, Zimt, Cognac, Roggenwhiskey und Absinth einen hausgemachten Brown-Butter-Shortbread-Keks und zum Martini einen Mokka-Löffel mit einer „Olive“ aus gerösteten Birnenkugeln.

Wer in diesem kulinarischen Bar-Bemühen seine Cocktailparty mit einem Amuse-bouche-Menü à la mode begleiten möchte, kann im New Yorker Shinji‘s geistige Getränke außer per Foie Gras auch mit Uni Chawanmushi mit Kaviar, japanischem Crudo und Wagyu Sando unterfüttern. Dieses Paring von Trank & Speis ist auch schon im trendbewussten Basel in der Bar des Les Trois Rois zu haben: bei deren The Cocktail Experience „erleben Sie auf eine ganz neue Art, wie Cocktails mit kulinarischen Leckerbissen kombiniert werden können“ – und das gleich fünffach zum Preis von CHF 149. Wer Canapés in der Grandeur von Peter Knogls Gourmandise erwartet, erlebt nur die sonstige Hotelküche für das alte Schweizer Bedürfnis satt zu werden.

Foto: Shinji‘s