Was tun, wenn die Foie gras, der Staatsfeind Nr. 1 aller Tierschützer, in Kalifornien und New York und von Oslo bis Tel Aviv so geächtet wird, dass den stopfenden Gänse- und Entenzüchtern zwischen Elsass und Gascogne die Mastleber bald im Halse stecken bleibt? Man gründet in Paris ein Start up, um mit Leberzellen im Labor Foie gras zu imitieren. Das Unternehmen, zu dem hehren Zweck gegründet, Geflügel als das meist konsumierte Fleisch des gefährdeten Planeten per Zellkultivierung zu generieren, erhält bereits Fördermittel aus der französischen Staatskasse und von der EU in Brüssel – und bekam letzte Woche 10 Millionen $ von US-Investoren.

Denn „Fleisch aus Zellkulturen ist eine der vielversprechendsten Lösungen, um der Welt energieeffiziente, nachhaltige Proteine zu liefern“, erklärt Wagniskapitalgeber Christoph Janz für sein Point Nine und die Kollegen von Air Street Capital, Heartcore Capital, Partech, Big Idea Ventures, Eutopia, Ataraxia, Beyond Investing… Investoren aller Art, die In-vitro-Fleisch (alias Labor-, kultiviertes oder zellbasiertes Fleisch) finanzieren, ist nach (dem kalifornischen Branchenpionier) Upside Foods, Israels Aleph Farms, Chinas Avant Meats sowie Eat Just, Mosa Meat, Meatable und ca. 20 anderen derartigen Gründungen auch Frankreichs erstes Zellzucht-Start up förderungswürdig: Gourmey in Paris, das sich sicherlich rein zufällig wie Gourmet ausspricht.

Es will spätestens im Frühjahr 2023 aus Stammzellen von Gänse- und Entenlebern mit Proteinen, Aminosäuren und Lipiden ein Produkt anbieten, dass den Hunger der Genusswelt nach Foie gras tierschutzgerecht stillt. Größte Herausforderung dabei ist, Geschmack, Aussehen und Textur mit pflanzlichen Ölen und Fetten nachzuempfinden. Gelingt es, will Gourmey den Werbeeffekt des Gourmetprodukts für seine Art der Geflügel-Zucht auf dem Massenmarkt bis hin zu künstlichen Chicken Wings nutzen.

CEO des Start ups ist Nicolas Morin-Forest, 32, der 2013 seinen Marketing-Master an der Pariser Elite-Uni Sciences Po machte und bis zur Gourmey-Gründung 2019 als Werbetexter für Greenpeace, Projektleiter für nachhaltige Landwirtschaft und Öko-Tourismus, Produktmanager für L’Oréal und die Tiersitter-Firma Holidog arbeitete. Seine Mitgründer: Antoine Davydoff, der einen Master in Zellbiologie des Sorbonne hat, und Victor Sayous, der seinen Dr. in Pharmazie an der Uni Bordeaux machte.

Als erste Märkte sollen Singapur, wo Laborfleisch bereits erlaubt ist, und die USA beliefert werden. Dort soll das Kilo, das nicht Foie gras heißen kann, unter dem Namen „Poultry Delicacy“ etwas weniger als 1000 € kosten; traditionelle Stopfleber ist für 100 bis 200 € zu haben. Die Produktionsstätte wird aus Marketinggründen im Zentrum von Paris errichtet, denn „wir wollen zeigen, dass Fleisch im Herzen der Städte produziert werden kann, in denen es konsumiert wird“ (Morin-Forest). Derzeit wird weltweit Foie Gras für fast 2 Milliarden € pro Jahr genossen, am freudigsten in Frankreich, Spanien und Japan.

Foto: Gourmey Paris