Den obigen Anblick bot in den letzten Wochen die Terrasse des Restaurants „El Tickets“ in Barcelona. Das Foto illustriert eine Pleite, über die die spanische Zeitung La Razon unter dieser Überschrift berichtete: „Die Bulli-Brüder haben alle ihre Restaurants in Barcelona verloren“. Neben dem Tickets noch Bodega 1900, Hoja Santa, Pakta und Enigma, die „das Paralelo-Viertel von Barcelona zu einem echten Silicon Valley der Küche machten“, wie der spanische Zweisterne-Koch Andoni Aduriz schwärmte.

Die Überschrift ist irreführend – zumindest offiziell. Denn bekannt ist nur, dass die Lokale ein Joint Venture namens El Barri der Brüder Juan Carlos und Borja Iglesias mit Albert Adrià sind. Doch die Grup Iglesias verlautbarte auf ihrer Homepage: „ElBarri ist ein beeindruckendes kulinarisches Projekt, das von Albert Adrià geleitet wird und mit den Brüdern Adrià verbunden ist. Wir sind besonders stolz auf dieses Projekt, eine der renommiertesten gastronomischen Einrichtungen der Welt, das vier Michelin-Sterne erhalten hat“. Das Bruder-Paar soll durch den Konkurs 8 500 000 € verloren haben, Adrià lediglich so genanntes Sozialkapital in Höhe von 5 000 €.

Was aus den Lokalitäten wird, ist noch ungewiss. Nach spanischem Recht ist es möglich, dass man konkursgegangene Unternehmen für die Summe kaufen kann, die es einem schuldet. Albert Adrià erklärte den Medien, dass das Enigma ihm allein gehöre, und begründete die Pleiten mit der Pandemie und insbesondere dem Ausbleiben ausländischer Touristen. Es gibt aber auch andere Erklärungen: Spanier hätten beispielsweise wenig dafür übrig, im Enigma nur ein einziges, fischgeprägtes Menü zu bekommen und dafür dreieinhalb Stunden einkalkulieren zu sollen. Außerdem habe das gastronomische Angebot und kulinarische Konzept der Molekularküchen-Päpste Ferran und Alberto Adrià in Spanien nicht in dem Maße verfangen wie in ausländischen Medien.

PS zu dem zitierten Aduriz-Vergleich: Ferran Adrià nannte Aduriz einen der wichtigsten Küchenchefs der Welt, österreichische Journalisten jubilierten über ihn: „Aduriz ist der Gegenentwurf zu einem Mainstream-Koch. Und wohl genau deswegen wirkt seine Küche so genial gut. Technik statt Bequemlichkeit, Verwirrung statt Klarheit, Verblüffung statt Erwartetem. Dass beim Essen in dieser Kategorie der Geschmack nicht an allererster Stelle stehen muss, ist für ihn schon längst eine ausgemachte Sache, denn es geht ihm auch um die Inszenierung, die damit verbundenen Emotionen und Erinnerungen.“ Da hat wohl nicht jeder Spanier guten Appetit…