Unverdrossen setzt sich die staatliche französische Agence Bio weiterhin zum Ziel, die Grande Nation „zum führenden Land für Bio und gutes Essen zu machen“, obwohl sie letzten Freitag melden musste: „Der Bio-Markt verzeichnet einen Rückgang des Verbrauchs um 1,34 %“ – und das nicht etwa als aktuelle Folge der Inflation und des Ukrainekriegs. Sondern als Ergebnis des Jahres 2021 (und „nach einem deutlichen Anstieg des Konsums von Bioprodukten im Jahr 2020, nach dem Ende der Corona-Beschränkungen“). Die Franzosen griffen nur bei 6,63 % ihrer Lebensmitteleinkäufe zu Bio-Produkten, was die Propagandisten noch als Erfolg sehen: „Frankreich gehört zu den führenden Bio-Ländern in Europa.“

In dieser Elite sieht sich auch Deutschland, wo es laut FAZ „bei Biolebensmitteln nicht nur um das konkrete Produkt geht, das man seinem Körper zuführt. Mit der Kaufentscheidung macht man eine Aussage darüber, in welcher Welt man leben möchte: einer, in der nicht länger größtmögliche Effizienz die Landwirtschaft bestimmt, sondern Nachhaltigkeit, Klimaschutz und Rücksicht auf Tier und Natur.“ Das ließ diesseits des Rheins den Bio-Umsatz gemäß Bundesregierung 2021 zwar noch um 5,8 % steigen, auf insgesamt 6,8 % des gesamten Lebensmittelmarkts.

Auf dem ist das Phänomen Bio nicht erst nach BSE, Vogelgrippe oder dioxinverseuchter Milch und seit dem Medienhype präsent, sondern seit fast 100 Jahren. Denn 1924 ersann der österreichische Anthroposoph die Bio-Dynamik. Ab der 1960er Jahre begann Bio zeitgleich mit der Hippie-Bewegung zurück zur Natur populär zu werden und mittlerweile vergeben Demeter und 7 weitere landwirtschaftliche Organisation Bio-Siegel. Seit 1992 gibt’s eine Bio-Verordnung der EU, die am 1. Januar dieses Jahres verschärft wurde, aber im Gegensatz zum deutschen Label erlaubt, dass ein Bauernhof ökologisch und konventionell produzieren darf.

In Deutschland sind 13,6 % aller Höfe Bio. Hinter dieser Zahl hinken die Verbraucher in der EU hinterher. Der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW), der Erzeuger, Verarbeiter und Händler vereint, veröffentlichte für 2021 eine Statistik über den Anteil der Bio-Käufer in den EU-Ländern. Es führt Dänemark mit 12 %, gefolgt von der Schweiz mit 10 % sowie Luxemburg, Österreich und Schweden mit je 9 %. Ihnen folgen Deutschland und Frankreich mit 6 %, die Niederlande mit 5 %, Italien 4 % sowie Spanien und Belgien mit je 3 % und Großbritannien und Norwegen mit je 2 %. Wie die hiesigen 6 % einzuschätzen sind, weiß zumindest die fleißigst nachgedruckte Deutsche Presse-Agentur (dpa): „Bio boomt, Bio ist im Alltag angekommen“ – und beruft sich auf 4 Umfragen.

Diesen Boom wird Agrarminister Cem Özdemir mit den Mitteln seiner Grünen gewiss steigern: Bis 2030 sollen aus den derzeit 13,6 % der Bio-Höfe in Deutschland 30 % werden.

Illustration: © Rapunzel Naturkost