Die Restaurant- und Reisepublikationen von Michelin dirigiert seit 1. Februar ein Joint Venture, das zu 60% dem französischen Buchverlag Média-Participations und zu 40% Michelin Travel Partner gehört, einer Tochter des Reifenkonzerns. Média prosperiert im Buchmarkt dank seiner führenden Rolle im Frankreich-Faible für Comics; es amüsiert u.a. mit Les Aventures de Tintin alias Tim und Struppi. Eigentümer ist Vincent Montagne, 61, dessen Vater Rémy, Tante Bernadette und Onkel Marien in die Familie Michelin einheirateten; er gilt als Vermögensverwalter der Michelins und ist Präsident des Buchverlegerverbands.

Bei Bekanntgabe der Nachricht nannten die Partner auch die seit Jahren gesunkene Auflage des Restaurantguides in Frankreich: „fast 35.000 verkaufte Exemplare“. Michelin Travel Partner machte 2019 einen Umsatz von 87 Millionen €, der 2020 um 50% einbrach. Média-Participations schaffte 2019 mit seinen 1600 Mitarbeitern einen Umsatz von 555 Mio €.

Die Transaktion löste in Frankreich Spekulationen über ihre Hintergründe und Folgen aus. Eine Version: Die Michelins wollen die Geschäftspolitik des Restaurantguides stoppen. Ihm wird nachgesagt, unsinnige Summen für misserfolgversprechende Zukäufe verbuttert zu haben: 30 Mio für den Parker-Weinguide (ohne Parker), 10 Mio für das nur in Paris geläufige Magazin Le Fooding, 110 Mio für das Buchungssystem Bookatable. Eine andere Version: Der Familie ist der Guide-Chef Gwendal Poullennec, der 2018 aus dem aggressiven Marketing aufstieg, peinlich geworden. Ihm wird z.B. vorgeworfen, Abwertungen von Köchen wie Alain Dutournier oder Marc Veyrat oder der Restaurants der Robuchon-Gruppe aus purer Publicitysucht vorgenommen zu haben, da er sie kulinarisch nicht erklären kann; ebenso peinlich dürfte den Wahrern der Institution Michelin sein, dass in der Köche-Szene angebliche Begebenheiten mit Poulennec kolportiert werden, die eher an Vito Corleone als an Savoir Vivre denken lassen. Aktuellster Vorwurf: Den Guide 2021, in dem er fast 100 Köchen zusätzlich zu allen Corona-Existenzproblemen noch unbedingt eins überbraten musste, präsentierte er auf dem Eiffelturm ebenso egozentrisch wie dilettantisch.

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