929 Millionen $ wurden 2020 u.a. von Promis wie Lewis Hamilton, Natalie Portman und Justin Timberlake ins amerikanische Indoor Farming investiert, mehr als doppelt so viel wie 2019. Sucht man nach vergleichbaren deutschen Zahlen, erfährt man stattdessen in der Süddeutschen Zeitung: Gegen das in Asien, Arabien und USA willkommene Grünzeug aus der Fabrik „ist die Skepsis im europäischen Raum groß, vor allem in Deutschland. Das gilt sowohl für Geldgeber als auch für Verbraucher. Dass ausgerechnet viele deutsche Konsumenten Indoor-Farming ablehnend gegenüberstehen, verwundert nur auf den ersten Blick. Hightech made in Germany ist ein gefragtes Exportgut, auch das Know-how deutscher Firmen beim Ausrüsten und Konzipieren von Stadtfarmen ist international gefragt. Aber hierzulande können sie aber nur schwer Fuß fassen. Und das dürfte an verklärten Ernährungsmythen liegen.“ Denn Salat und Tomaten, Kräuter und Gemüse wünschen wir uns wie eh und je frisch vom Feld und aus dem Garten – von Mutter Erde statt aus bodenloser Landwirtschaft…

Denn in einem Hightech-Gewächshaus, das 50 Fußballfelder groß ist und auf 15 Etagen knackiges Gemüse, saftige Erdbeeren und fleischige Grilltomaten erntet, wird auf keiner Krume traditionellen Ackerbodens produziert, sondern in Regenwasser mit Nährstoffen. Ist das befremdlicher als der Import aus ausländischen Monokulturen oder Gewächshäusern per Frachtschiff, Flugzeug oder Lkw-Kolonnen. Das Unbehagen gegen Hydrokultur lässt sich mit dem (verlogenen oder ehrbaren) Argwohn nähren, dass Indoor-Farmen nie den Geschmack und den Nährwert erreichen können, der sich aus der Verbindung von natürlichem Sonnenlicht, gesundem Bodenmikrobiom und biologischer Pflanzenkultur ergeben.

Die Idee der vertikalen Landwirtschaft hatte 1999 der Mikrobiologe und Ökologe Dickson Despommier, Professor für öffentliche Gesundheit und Umweltgesundheit an der Columbia University in New York. 2010 veröffentlichte er sein Buch „The Vertical Farm: feed the world in the 21st Century“, 2011 und 2012 gab‘s die ersten im südkoreanischen Suwon, in Japan (gleich 50 auf einmal), in Singapur und in einem alten Chikagoer Industriegebäude. Ihre gepriesenen Vorteile: Lebensmittel werden biologisch angebaut, effiziente Raumnutzung ganzjährig und überall möglich, frei von Agrochemikalien.

Problematisch ist weltweit der hohe Stromverbrauch, und in Deutschland, das in der Digitalisierung rückständig wie ein Entwicklungsland ist, kommt erschwerend hinzu, dass in dieser hydroponischen Landwirtschaft nicht von Ackerbau und Kleingarten, sondern von maschinellen Lernalgorithmen, Datenanalysen und proprietären Softwaresystemen die Rede ist. Und ins deutsche Verständnis scheint auch noch nicht vorgedrungen, dass Indoor-Farmen ihre Konkurrenz nicht in der natürlichen Landwirtschaft von Bauern, sondern in den industriellen Erzeugern sehen, die Obst und Gemüse nicht für Geschmack und Gesundheit, sondern für Verarbeitung und Versand züchten.

Foto: © Bowery Farming Inc.