Wenn das Wetter will, startet das Quartett der ersten privaten Mission zur ISS am Sonntag. Dort werden die 4 Emporkömmlinge aus den USA, Kanada und Israel am Dienstag gemeinsam mit den in der Raumstation arbeitenden 7 Astronauten aus den USA, Russland und Deutschland (Matthias Maurer) ihre mitgebrachte Paella löffeln – als „ein Symbol des Zusammenkommens, der Gemeinschaft am Tisch und des Teilens“. Das ideelle und kulinarische Rezept dieser Symbolik, in einer internationalen Runde „Paella aus derselben Pfanne zu essen“, serviert der spanische Koch José Andrés, der mal 3 Jahre bei Ferran Adrià arbeitete und mittlerweile Restaurants in 7 US-Städten führt (und die gemeinnützigen World Central Kitchen gründete, die warme Mahlzeiten nach Naturkatastrophen organisiert).

Dass Andrés den Ausflug ins All bekocht, ist kein Zufall. Der in Spanien geborene und in Kalifornien aufgewachsene Koch ist mit dem Reiseleiter Miguel López-Alegría befreundet, der ebenfalls in Spanien geboren und in Kalifornien aufgewachsen ist und als Vizepräsident für Geschäftsentwicklung bei Axiom Space in Houston arbeitet. Dieses private, vom früheren NASA-Manager Michael Suffredini und dem Geschäftsmann Kam Ghaffarian gegründete Unternehmen sieht sich als künftiger bedeutender Mitspieler im Raumfahrtmarkt und arbeitet im Einvernehmen mit der NASA an einer eigenen, kommerziellen Raumstation. Für den Flug vom Kennedy Space Center charterte Axiom eine Falcon-9-Rakete aus dem Flug- und Fuhrpark von Elon Musk.

Mit an Bord sind außer der Paella und Secreto de Cerdo mit Pisto (Schweinsfilet mit Gemüse) sowie López-Alegría, 63 und Ex-Astronaut (4 Raumflüge, 215 Tage und damit am längsten ISS-Kommandant, 10 Außeneinsätze von insgesamt fast 68 Stunden) noch 3 Unternehmer, die außer ihrer Raumfahrtbegeisterung und der Bereitschaft, je 55 Mio $ zu bezahlen (von denen die Nasa pro Tag in der ISS 35.000 $ kassiert) bislang nichts verbindet: Larry Connor, 72, CEO der auf Luxuswohnanlagen spezialisierten The Connor Group in Dayton (Ohio), Privatpilot in 17 verschiedenen Cockpits vom Helikopter bis zum F-5-Kampfjet und Autorennfahrer mit 70 Siegen in Formel-, Sport- und Offroad-Wettbewerben); Eytan Stibbe, 64, Mitbegründer des in Entwicklungsländern tätigen Impact Investment Fund Vital Capital in Tel Aviv und Ex-Oberst der israelischen Luftwaffe; Mark Pathy, 52, Besitzer der Investmentgesellschaft  Mavrik (engagiert in ökologische Nachhaltigkeit, Ernährung und Landwirtschaft), CEO des Musik-Unternehmens Stingray (Classica) aus Montreal und rasanter Autofahrer. Die Drei trainierten seit einem Jahr bei der Nasa und auch im Europäischen Astronautenzentrum in Köln.

Wenn sie nicht mit den Problemen des Genusses von Jamón ibérico de bellota, Salchichón oder Marcona-Mandeln in der Schwerelosigkeit beschäftigt sind, werden die Weltraum-Touris während ihrer 8 Tage in der ISS allerlei Forschungsaufgaben erledigen, um ihre Lustreise mit Sinnhaftigkeit zu verbrämen. Connor ließ sich von der Mayo und der Cleveland Clinic briefen, die Auswirkungen seneszenter Zellen im Weltraum zu erkunden (deren Reaktion auf die Mikrogravitation könnte neue Behandlungen für altersbedingte Krankheiten ermöglichen). Stibbe mutet sich mit Hilfe der Ramon Foundation (Luft- und Raumfahrt) in Tel Aviv zahlreiche Experimente zu, die für Astrophysik, Landwirtschaft, Optik, Kommunikation, Biologie, Gesundheitswesen, Neurologie und Augenheilkunde hilfreich sein sollen. Pathy, 52, wagt sich sich für das Montreal Children‘s Hospital und die Royal Canada Geographic Society an 12 Experimente zur Beziehung zwischen chronischen Schmerzen und Mikrogravitation und zu Erdbeobachtungen während der ersten Demonstration der Zwei-Wege-Holoporationskommunikation im Weltraum.

Ähnlich diffizil klingt die Zubereitung der Weltraum-Nahrung unter Hochdruckkochmethode in der irdischen Küche. An den strengen Kriterien in puncto Nährstoffgehalt, Haltbarkeit, Verpackung und Transportfähigkeit tüftelte schon 2008 und 2014 im Auftrag der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) die Küche der Schwarzwaldstube in Baiersbronn – und gab dem dritten deutschen Astronauten, dem Schwaben Alexander Gerst, 3 seiner Lieblingsgerichte mit zur ISS. Sie freuten ihn, da sie aufgrund der im All sehr reduzierten Geschmacksempfindungen entsprechend kräftig gewürzt waren.

* v. l. n. r. Eytan Stibbe, Miguel López-Alegría, Mark Pathy, Larry Connor; Foto: Axiom Space