erregte sich Paul Bocuse: „Es war ein Horror für mich, als ich in München von Köchen hörte, sie seien stolz darauf, fast alles aus der Pariser Großmarkthalle von Rungis zu bekommen. Was für eine deutsche Küche soll daraus werden? Verstehen Sie, die Tiroler ziehen sich ja auch nicht wie die Schotten an und sind auch noch stolz darauf!“

erstaunte Alfred Portale, vormals Schmuckdesigner und Michel Guérard-Schüler, als Küchenchef in der Gotham Bar and Grill’s in New York mit der Idee, Gerichte in die Höhe anzurichten. Seine Höchstleistung, ein Meeresfrüchtesalat von 14 cm, wurde von Kollegen in der Stadt flugs überboten: Lachs mit Salat von blauen Kartoffeln 16,5 cm, gegrillte Schweinelende 17 cm, Apfel-Baklava mit Apfeleis 20 cm.

zählten zu den 100 besten Köchen 28, die noch immer kochen: Hans Haas (Tantris in München), Claus-Peter Lumpp (Bareiss in Baiersbronn), Jean-Claude Bourgueil (Schiffchen in Düsseldorf), Heinz Winkler (Aschau), Alfons Schuhbeck (damals Waging, heute München), Jörg Müller (Westerland auf Sylt), Heinz Wehmann (Landhaus Scherrer in Hamburg), Vincent Klink (Wielandshöhe in Stuttgart), Hans Stefan Steinheuer (Bad Neuenahr), Andree Köthe (Essigbrätlein in Nürnberg), Manfred Salzmann (damals Petersilie, heute Vif in Lüdenscheid; Souschef war ein gewisser Juan Amador), Anna Sgroi (Hamburg), Manfred Schwarz (damals Deidesheim, heute….), Martin („Bobby“) Bräuer (damals Königshof, heute Ess.Zimmer in München), Karl Ederer (München), Jürgen Köpp (Xanten), Cosimo Ruggiero (damals La Vigna, heute Hippocampus in München), Wolfgang Raub (Kuppenheim), Rainer-Maria Halbedel (Bonn), Johannes King (damals Grand Slam in Berlin, heute auf Sylt), Roy Petermann (Wullenwever in Lübeck), Ulrich Person (Stadt Hamburg auf Sylt), Harald Rüssel (Landhaus St. Urban in Naurath), Lutz Niemann (Orangerie in Timmendorfer Strand), Rolf Straubinger (Burg Staufeneck in Salach), Joachim Wissler (damals Marcobrunn in Eltville, heute Vendôme in Bensberg), Eric Menchon (Le Moissonnier in Köln), Fritz Zehner (Zur Stube in Pfaffenweiler).

rümpfte Öko-Landwirt Prinz Charles bei der britischen Markteinführung von Püree aus genmanipulierten Tomaten die Nase: „Frankenstein Food“

beklagten die Psychologen Prof. Dr. Manfred Koch-Hillebrecht und Dr. Martin Schuster: „Mit der öffentlichen Geschmacksbildung für Gaumenfreuden liegt es im Argen. Für die Schulung des Auges wendet der Staat Millionen auf. Kunstunterricht gibt es in den Schulen, Museen werden subventioniert, Museumspädagogen sollen die Kinder in die Welt der optischen Schönheiten einführen. Auch bei der akustischen Bildung lässt sich der Staat nicht lumpen. In fast jeder Stadt gibt es Konservatorien, an jeder Grundschule Musikunterricht. Für die Oper sind dicke Subventionen da. Auf jeden Theatersitz platziert der Steuerzahler gewissermaßen einen Geldschein und beteiligt sich so am opulenten Hörerlebnis.

Ganz revolutionär und höchst erfreulich ist in dieser Situation eine Initiative von Eurotoques, der Vereinigung europäischer Spitzenköche. Voller Enthusiasmus verlassen sie ihren Herd und stellen sich ans Katheder zum Geschmacksunterricht… Die Schüler können die Grundgeschmacksarten bei Geschmacksproben kosten… und den geschmacklichen Unterschied zwischen frischen Produkten und entsprechenden Konserven erproben…

So erfreulich dieser pädagogische Ansatz im Grunde ist, eine Erziehung zur gehobenen Küche und zum feinen Geschmack wird er kaum erreichen. Die einfachen Unterscheidungen der Lehrproben sind auf Fast food ebenso wie auf Haute cuisine anwendbar. Deren subtilere Qualitäten können Kinder vermutlich gar nicht empfinden. Die Sinnes-Qualitäten, mit denen die gehobene Küche imponiert, liegen nicht im Bereich des einfachen Geschmacks, sondern beim Aroma-Riechen und beim Mundgefühl. Kinder tun sich eher schwer, das (innerliche) Aroma-Riechen vom äußerlichen Riechen an einer Blume zu unterscheiden. Auch der Übergang vom äußeren Fühlen (mit den Fingern) zum mehr innerlichen Mouth-feel ist den Kleinen schwer zu vermitteln. Kinder leben in der Außenwelt… Die Entdeckung der Innerlichkeit ist eine Errungenschaft der Pubertät. Erst in der kommen wir in die Welt der Gefühle und die Welt des gehobenen Lebensgenusses. Hierbei sind Vorbilder entscheidend wichtig.

Auch Essen und Trinken lernt man am Modell, am Vorbild… Die Mutter muss oft den Bissen dem Kleinen voressen und deutliche Zeichen des Wohlschmeckens von sich geben, bevor das kleine Kind selbst isst. Mit Austern, Schnecken oder Muscheln würden die Eurotoques in deutschen Schulen kaum sehr erfolgreich sein. Diese DeIikatessen müssen uns erst durch Vorbilder nahegebracht werden.

Und gerade an diesen Gourmet-Vorbildern fehlt es…Denn die Vorbilder der Jugend sind keine Genießer und eignen sich nicht als Leitbilder für gehobenen Genuss. Als Psychologen raten wir deswegen den tapferen Eurotoques, sich zusätzlich zu ihrer Schulkampagne für die gehobene Küche auch darüber Gedanken zu machen, wie Vorbilder gefunden und herausgestellt werden können.“

fanden sich auf Speisekarten deutscher Gourmetrestaurants:

Turmbau zu Babel von marinierten Salaten

Schmetterling vom irischen Räucherlachs

Ferkelfuß-Hummer-Pizza

Falsch gedeckter Apfelkuchen, mit Blut- und Leberwurst gefüllt, in zarter Meerrettichsauce

Törtchen aus Gemüse von heimischer Taube

Praline vom Rumpsteak; Zopf vom Lamm

Carpaccio von der Ananas

Klein-Pariser Eisherz an Hagebuttensauce

ging erstmals ein Dreisternekoch in Konkurs: Pierre Gagnaire in St-Etienne. (Heute hat er wieder 3 Sterne und 16 Restaurants von Paris bis Las Vegas und Tokio.)

… verabschiedete sich Christian Millau (bürgerlich: Christian Dubois-Millot; Absolvent der Elite-Hochschule Sciences Po) mit 67 Jahren in die Schriftstellerei und hinterließ im deutschen Gault Millau: „Erlauben Sie mir einen kurzen Rückblick. In den siebziger Jahren begann, fast wie nach einem Donnerschlag, eine neue Art von Kochkunst. Aus Bequemlichkeit haben wir sie Nouvelle cuisine genannt, ohne Zweifel wäre es aber besser gewesen, sie als Cuisine d‘ auteur (Schöpferische persönliche Küche zu bezeichnen. Sie überschritt schnell die Grenzen und ließ fast überall neue Talente und Persönlichkeiten aufblühen, die trotz mancher Irrungen, Verrücktheiten und schlechter Kopien die gesamte kulinarische Landschaft radikal umkrempeln sollten… Und weil es damals wirtschaftlich aufwärts ging, ließ sich das Publikum gern von den neuen Gaumenfreuden verführen und begleitete die Bewegung der Neuen Küche mit einer Leidenschaft, die bis dahin ihresgleichen suchte. Mit der Zeit wurde auch diese moderne Küche mehr und mehr zum Klassiker…

Derzeit gibt es bei Köchen und Gästen leichtes Bauchgrimmen. Allerlei neue Slogans von Neue Regionalküche über Ethno-Küche bis Junk-Food und Designer-Food verwirren die Restaurantbesucher… Neben einer Handvoll echter Künstler die einen eigenen Stil entwickelt haben, benehmen sich viele Cuisiniers nicht anders als Marionetten und lassen sich in jede beliebige Richtung mitreißen. Darf es heute simpel oder kompliziert sein? Hummer oder Kartoffelpüree? Chili und Kardamom oder lieber Kerbel und Petersilie? Mangels eigener Ideen und dank einer gewissen Selbstüberschätzung mischen diese Köche alles und jedes und verlieren sich darin.

Dabei ist die Antwort doch so einfach: Eine schöpferische persönliche Küche kann eben nur von einem wirklich kreativen Geist realisiert werden, etwas Bescheidenheit ist dabei unbedingt notwendig. Nicht jeder, der will, wird zu einem Cézanne oder Picasso. Unter diesen Umständen ist Einfachheit in der Küche stets mehr wert als falsch verstandene Komplexität. Die echten Allroundtalente sind rar. Wer nicht zu den wenigen Auserwählten gehört, tut gut daran, seine kulinarische Inspiration aus seiner Region, seiner Heimat zu beziehen…

Statt Fast food mit dümmlichen Bannflüchen zu belegen, sollte man sich lieber dafür einsetzen, die Nahrungsmittelproduzenten und die Konsumenten zu größtmöglichem Produkt- und Qualitätsbewusstsein zu erziehen (und dabei nicht das Preis-Leistungsverhältnis außeracht zu lassen). Geschieht das nicht, würden wir Zeugen eines echten Bruchs: Ganz oben gäbe es das kleine Paradies der Happy few, denen die himmlischen Genüsse der Gastronomie exklusiv vorbehalten wären. Unten hingegen hätten wir das triste Niemandsland mit dem Einheitsbrei der Industrienahrung. In meinen Augen ist die Gastronomie ein Ganzes, das mit unterschiedlichen Mitteln, Stilrichtungen und Preisen zum Glück jedes einzelnen beitragen sollte.

Foto: proantic.com

Made in Germany,
ein kulinarisches Schimpfwort?

BIO-OCHSENTOUR SEIT 1983

Der folgende Text ist aus der 1983 erschienenen ersten deutschen Gault Millau-Ausgabe:

Die größte Leistung eines deutschen Kochs besteht heutzutage weniger darin, der Kreativität eines Alain Senderens, der Perfektion eines Fredy Girardet oder der Stilsicherheit eines Paul Haeberlin handwerklich, geschmacklich und intellektuell nahezukommen. Im Streben nach 4 Kochmützen und 19 von 20 Punkten müssen unsere Spitzenköche vor allem die Fähigkeit entwickeln, nicht an den Pflanzenhormonen der Chemie, den Mastviehnormen der EG oder der Gleichgültigkeit der deutschen Landwirtschaft zu scheitern.

Ein guter Saucier, Gardemanger oder Poissonnier ist allemal leichter zu bekommen als Sahne mit 70% Fettgehalt, als Perlhühner, die keine Wasserleichen sind, oder als Obst ohne Wachstumsregulatoren. Wenn die deutsche Küche in ihrer Spitze heute (noch) nicht die Breite der französischen und italienischen Kochkunst erreicht, so liegt das vor allem an der Produktqualität in der Bundesrepublik. Denn die überwältigende Mehrzahl der Gemüsebauern und Viehzüchter denaturierte den Begriff „Made in Germany” für alle, die Lebensqualität auch mit Messer und Gabel praktizieren, zu einem Schimpfwort.

Eine verhängnisvolle Landwirtschaftspolitik und das nur allzu menschliche Streben nach Bequemlichkeit führten während der letzten Jahrzehnte im Zuge allgemeiner Rationalisierung, Technisierung und Standardisierung im gesamten Wirtschaftsleben auch im Gemüse- und Obstanbau, auch in der Tierzucht und Fischerei, auch in Käsereien und Backstuben die Normierung der Produkte ein. Überdies wurde den Bauern eingetrichtert, ihr Arbeitskräftemangel und ihre Einkommensverhältnisse ließen sich mit Hilfe der Chemie ändern. Und die Hausfrauen hörten immerfort, dass Konserven und Tiefkühltruhen aus der Küchenfron zu neuer Lebensqualität führten. Die Folgen dieser Entwicklung liegen uns schwer im Magen.

Hühner fressen nicht mehr 4 Monate lang im Freien allerlei Würmer, Weichtiere, Insekten und zusätzlich Mais und Milchpulver, sondern nur noch 1 1/2 Monate lang im tageslichtlosen Betonstall Fischmehl, Soja, Antibiotika, Wachstumsförderer und synthetische Vitamine. Unser Kalbfleisch ist fade und wässerig; nach einem Metzger, dessen Rumpsteak wenigstens einige Tage abgehangen ist, muss man lange suchen. Butter schmeckt nach nichts, Tomaten, Kohlrabi oder Erdbeeren schmecken nach milde gesüßtem Wasser. Unser täglich Brot ist meistens von gestern, nur allzu oft nach dem Backen und vor dem Verkauf tiefgefroren. Kartoffeln sind mehlig und trocken, Karotten elastisch. Bohnen aufgedunsen. Fische und Flusskrebse in unseren Gewässern gingen größtenteils zugrunde. Dass bei uns in Deutschland nicht ganzjährig Tomaten und Blumenkohl unter der Sonne reifen können, ist klar, aber unklar ist, warum sie dann aus Ländern importiert werden müssen, auf die auch nicht mehr Sonne scheint (z. B. Holland) – Treibhaus, Treibhaus über alles.

Das Apfelsortiment, das früher nuancierte Geschmackskriterien wie edelweinig, fein aromatisch oder zart parfümiert bot, unter scheidet sich heute in Geschmack, Form und Größe allenfalls hinter dem Komma agrarischer Milchmädchenrechnungen. Der Rest ist Wortgeklingel der Werbetexte:

„20 000 Apfelsorten zählt man heute in allen Farben, Formen und Geschmäckern von mild süß bis kräftig sauer. Es gibt Apfel, die nach Nüssen und Apfel, die nach köstlichem Wein schmecken”, schwadroniert die Centrale Marketing-Gesellschaft der deutschen Agrarwirtschaft, „allein in Deutschland gibt es über 1000 Sorten. Doch in weiser Beschränkung haben sich die Züchter auf etwa 100 spezialisiert, und von diesen wiederum können Sie die Elitegruppe auf dem deutschen Markt kaufen.”

Doch dort wird nicht Qualität, sondern „Marktwert” angeliefert — und so beherrschen 3 Massenäpfel das Angebot: Golden Delicious, Cox Orange und Boskop. Wer aber mag schon in einen Apfel beißen, der die EG-verordnungsgemäße Makellosigkeit solchermaßen erreicht hat: Nachwinterspritzung, erste Vorblütespritzung, zweite Vorblütespritzung, erste Blütespritzung, zweite Blütespritzung, erste Nachblütespritzung, zweite Nachblütespritzung, dritte Nachblütespritzung, erste Obstmadenspritzung, zweite Obstmadenspritzung, dritte Obstmadenspritzung sowie Schorf- und Lagerspritzungen, nötige Sonderspritzungen und Spritzungen mit Wachstumsreglern.

Was Wunder, dass sich angesichts zunehmender Lebensmittel-Chemie eine – nur auf den ersten Blick – verwirrende Koalition zu bilden scheint: Gourmets und Grüne. In Horst Sterns Umweltmagazin „Natur” schlug Ende letzten Jahres der Schriftsteller Carl Amery vor, „dass die ökologische Bewegung ein wichtiges Handhaben lernt: das kulinarische”. In der Tatsache, „dass ein snobistisches Gastgewerbe im Grunde von nichts anderem lebt als von der – allerdings entsprechend teuren – Bewahrung alter gastronomischer Geschicklichkeiten, die unverpfuschte Rohstoffe voraussetzen, ist hier ein breites Feld wahrhaft demokratischer, das heißt Entfaltung fordernder Argumentation gegeben.

Das Dumme ist nur, dass es hierzulande nach wie vor als unanständig bzw. elitär gilt, auf anständigem Essen zu bestehen.”

Auf den Geschmack gekommen ist der Ökologie-Guru Amery, als er – nein, nicht bei den Brüdern Troigros oder Louis Outhier oder Eckart Witzigmann, sondern – in einem gewöhnlichen Belgrader Restaurant Schweinefleisch gegessen hat: „nach vielen deutschen Jahren zum ersten Mal wieder wirkliches Schweinefleisch”. Der Grund für den Qualitätsunterschied wurde ihm klar, als er in der Wojwodina und Zentralserbien hochbeinige, muskulöse Schweine durch die Maisstengel brechen sah. „Unsere rosa Raupen, die mit Beta-Blockern vollgepumpt in den Betontrögen herumkriechen, sind als Vertreter dieser prachtvollen Wesen nicht mehr erkennbar.”

Auf einer bayerischen Landstraße sprang letztes Jahr eine Sau vom fahrenden Viehanhänger auf die Straße – und überlebte diesen Sturz, ohne sich irgendetwas zu brechen. Die Schlachthofmetzger konnten es nicht fassen. Das Wundertier war keines jener armen Schweine, das durch die gängigen Mastmethoden zwar mehr Rippen, aber ein zu kleines Herz und weiches, wässeriges Fleisch hat.

Die Sau stammte vom Hof eines Mannes, der früher Elektronik studiert, über die grün-alternative Bewegung zum biologischen Landbau gefunden und einen Bruder hat, der sein bester Kunde ist: der Koch Otto Koch vom Münchner „Le Gourmet”. Der hatte sich jahrelang mit Bauern herumgeärgert, die nicht wussten, wovon er redet, wenn er statt marktgängiger Kalbskeulen von 25 Kilo Gewicht aufgrund verwässerter Zellen lieber ein natürlich gemästetes halbes Kalb von 30 Kilo wollte und das auch noch abgelagert – was bei einem Feuchtigkeitsverlust von 1 bis 3 % pro Tag zu der Spitzenqualität an zartem Fleisch führt, die Züchter und Metzger nicht mehr bieten wollen (oder müssen).

Otto Koch, der voller Leidenschaft für beste Ware mit seinem Bruder amerikanische Enten in Bayern heranzüchtete, die Barberie-Enten gleichkommen, aber größere Fleischstücke von bester Konsistenz haben, beklagt mittlerweile die Uniformität der Bio-Landwirtschaft, die sich zu wenig an ihrer jeweiligen Region und deren Spitzenprodukten orientiere. Die Kochs haben es sich zur Aufgabe gesetzt, die guten alten bayerischen Produkte wieder zu dem zu machen, was sie einmal waren.

Was Otto Koch nicht von seinem Bruder oder anderen Bio-Bauern, die immer öfter bei ihm anklopfen, beziehen kann, lässt er sich aus dem Pariser Großmarkt Rungis kommen, von dem regelmäßig Lastwagen ins kulinarisch hochentwickelte München fahren.

Ungleich schwerer hat’s beispielsweise Axel Henkel in seiner Hamburger „Le Delice”-Küche Fast scheint’s, dass Lebensmittelorganisieren sein Hauptberuf ist. Da er darunter leiden muss, manchen Tag z. B. beim Gemüsekauf auf dem Großmarkt nur Karotten, Porree und Wurzeln in der ihm nötigen Qualität zu finden, muss Axel Henkel während eines Großteils der Arbeitszeit hinter seiner Ware her sein. Wild und Geflügel aus der Lüneburger Heide, Schleswig-Holstein, Oldenburg und Frankreich, Friséesalat aus Rungis, Schottenlämmer von den Deichwiesen in Ost- und Nordfriesland, Käse aus Bad Tölz, Hummer aus Irland, Langusten aus Westafrika, Fisch aus Holland und Dänemark. Würde das Hamburger Telefonnetz mal längere Zeit ausfallen, könnte Axel Henkel keine große Küche bieten.

Eine andere Konsequenz: Bekämen die Grünen in Deutschland ihre vielen Stimmen nicht vor allem von Lehrern, Studenten und anderen umweltverdrossenen Städtern, sondern nur von Bio-Bauern, dann müssten sich die Köche und Gourmets nicht mehr um die Produktqualität zwischen Flensburg und Zugspitze sorgen.