Ceviche aus Südamerika und Sashimi aus Japan, Chinas Wok und Poké-Bowls aus Hawaii sind selbstverständlich in der deutschen Gastronomie, nur der schwarze Erdteil ist noch ein weißer Fleck auf unseren globalisierten Speisekarten. Kein Wunder, dass seit einigen Jahren Afrikas Aromen und Küchen als nächstes kulinarisches Trendthema avisiert werden. Doch wer jenseits von Nordafrikas Couscous, Hummus und Ras el-Hanout nach Genüsslichem sucht, findet in europäischen Lokalen, die afrikanische Gerichte verheißen, kaum mehr als das Niveau von Einwandererküche – das besternte (westafrikanisch inspirierte Restaurant) Ikoyi in London ist eine Ausnahmeerscheinung. Ansonsten sucht man auf Gourmetniveau vergeblich nach Yassa (Hühnchenspezialität aus Senegal) Garba (Thunfisch à la Elfenbeinküste) oder Injera (Äthiopiens Rezept, Fleisch und Gemüse auf Brot zu essen). In Afrika selbst tut man sich bei dieser Suche auch schwer.

Denn an den 1149 Adressen aus Afrika, die Frankreichs La Liste in seiner Datenbank der 25.000 besten Restaurants in 200 Ländern hat, ist nur selten heimische Küche Trumpf. Schaut man die ersten 1000 Plätze durch, findet man auf Rang 715 – und damit in der Größenordnung von Horváth in Berlin und Moissonnier in Köln – mit dem NOK by Alara in Lagos (Nigeria) das erste afrikanische Restaurant mit zeitgemäß interpretierter Küche aus der Region, die Nachbarländer großzügig einschließt. Die vor ihm platzierten 17 Restaurants des Kontinents bieten allesamt in Marokko oder Südafrika ihre Versionen von Grande Cuisine, abgeschmeckt für den internationalen Tourismus. Das einer Mode- und Luxusgeschäftsfrau gehörende NOK serviert Fisch mit gegrillten Kräutern oder in Kokosnuss-Palmöl-Vinaigrette, Lamm auf Maniok sowie Pof Pof mit Baobab und Schokoladensauce (Hefebällchen mit Affenbrotbaumfrucht).

Besonders geschmackvollen kulinarischen Ehrgeiz entwickelten auch der bei Sven Elverfeld und Thomas Bühner gestählte Dieuveil Malonga, 28, im afrikanische Fusionsküche auftischenden Meza Malonga in Kigali (Ruanda), der Kameruns Tradition hochkochende Malonga-Schüler Janvier Kouenou in seinem Kouenou in Buea sowie Selassie Atadika vom Midunu in Accra, der Hauptstadt von Ghana und Afrikas „Capital of Cool“ laut New York Times. Die in Ghana geborene und in New York aufgewachsene studierte Geographin und Absolventin des Culinary Institute of America eröffnete das erste gehoben afrikanisch kochende Restaurant der Stadt. Die Gerichte sind tief in der ghanaischen Tradition verwurzelt und huldigen vom Affenbrotbaum bis zum Ziegenfleisch,  von Kochbananen bis Sorghumhirse den heimischen Produkten. Selassie Atadika, 44, avancierte zu einer Art Sprecherin des kulinarischen Afrikas, vor allem seit Eröffnung des Midunu Institute, das als gemeinnützige Organisation sowohl Verbraucheraufklärung als auch Traditionspflege betreibt. Madames dernier cri ist eine diesen Monat auf den Markt gekommene afrikanisch bunte, mondän aromatisierte Pralinenkollektion.

In den kulinarisch so unterschiedlichen Geschmacks- und ungleich entwickelten Kochwelten, die von der noch ziemlich authentischen äthiopischen Küche bis zur angolanisch-portugiesischen Fusion auf der anderen Seite des Kontinents reichen, entwickeln sich derzeit Kenia, Angola, Ägypten, Ghana, die Elfenbeinküste, Senegal und Tansania appetitmachend.

Als PS die Top 10 des Kontinents laut La Liste: The Test Kitchen (in Kapstadt), Mosaic at the Orient (Pretoria), Le Cour des Lions, Mes’Lalla, Le Marocain-La Mamounia, La Maison Arabe (alle in Marrakesch), La Colombe, The Greenhouse at the Cellars Hohenort, Chef’s Warehouse at Beau Constantia (beide Kapstadt), Wolfgat (Paternoster bei Kapstadt).

Foto: Midunu