„Auf die Frage, ob ein Familienessen wichtig ist, sagen mehr als 90 % der Eltern Ja. Aber weniger als die Hälfte der amerikanischen Familien wird heute zusammen zu Abend essen,“ beklagt die US-Psychologin und Begründerin des Family Dinner Project Anne Fishel. Die Familientherapeutin und Harvard-Professorin wird durch Umfragen bestätigt: 76 % der Amerikaner finden es sehr bis äußerst wichtig, dass Familien gemeinsam essen – doch Eltern und Kinder tun es während einer Woche nur bei 3,6 Abendessen, 2 Frühstücken und 1,4 Mittagessen. In Deutschland schaffen das von 92 % gewollte Essen der gesamten Familie unter der Woche 46 % beim Frühstück, 26 % zu Mittag und 75 % abends.

Frau Fishel appellierte letzte Woche: „Seit mehr als zwei Jahrzehnten zeigen Studien, dass Kinder, die mit ihren Familien essen, in der Schule besser abschneiden und einen größeren Wortschatz haben. Sie haben auch geringere Raten von Depressionen, Angstzuständen und Essstörungen sowie weniger Herz- und Gefäßerkrankungen.“ Die Eltern profitieren durch die zumeist gesündere Ernährung beim gemeinsamen Essen sowohl physisch wie stimmungsmäßig. „Selbst nicht verwandte Erwachsene wie Feuerwehrleute haben“ laut Psychologin Fishel „die Teamleistung verbessert, wenn sie zusammen kochen und essen, während sie auf ihren Einsatz warten.“

Unterschiedlichste Studien bestätigen die Nachteile von Schülern, die nicht regelmäßig mit ihren Eltern essen. Dass sie öfter den Unterricht schwänzen und häufiger die Schule abbrechen, schloss die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) aus Daten von fast 75 % der Staaten. Dass sie ein 40 % höheres Risiko für Übergewicht haben, fand ein europäischer Kongress über Fettleibigkeit in Sofia heraus. Und dass sie etwa doppelt so häufig Substanzen konsumieren, unter Depressionen leiden oder Gewalt ausüben, ergaben Studien des Nationalen Zentrums für Sucht und Drogenmissbrauch der USA.

Frau Fishels frommer Wunsch: „Wenn sich die Menschen von der Pandemie-Zeit des Verlusts, der Schrecken und Beeinträchtigungen zu erholen beginnen, warum dann nicht weiterhin Ernährungspraktiken anwenden, die für alle hilfreich sind?“

Foto: AIDA Cruises